NRW-CDU wählt Hendrik Wüst zum neuen Parteichef

Laschet-Nachfolge

Bielefeld (dpa) - Hendrik Wüst ist der neue Vorsitzende der CDU in Nordrhein-Westfalen. Bei einem Landesparteitag in Bielefeld wurde der Landesverkehrsminister und designierte Ministerpräsident mit 98,3 Prozent zum Nachfolger von Armin Laschet gewählt.

Wüst hatte keinen Gegenkandidaten. Er wird voraussichtlich am kommenden Mittwoch im Landtag auch als neuer Ministerpräsident gewählt werden.

Der personelle Wechsel wird notwendig, nachdem Laschet, der in diesem Jahr als Kanzlerkandidat der Union angetreten war, sich schon vor der Bundestagswahl festgelegt hatte, auch im Falle eines Scheiterns nicht in seinen Ämtern in NRW zu bleiben. Der 60-Jährige führt den mit rund 122.000 Mitgliedern stärksten CDU-Landesverband seit 2012.

Wüst will Wahlkampf starten

Wüst (46) hat an die CDU appelliert, sich stärker um Alltagssorgen der Menschen zu kümmern. Die CDU werde nur Volkspartei bleiben, wenn sie klare, erkennbare Antworten darauf habe, sagte er. Diese Antworten dürften nicht «im Dickicht eines Wahlprogramms versteckt» bleiben.

Bei der Bundestagswahl habe die CDU «querbeet» Millionen Wähler aus der Mitte der Gesellschaft verloren, sagte Wüst in seiner Bewerbungsrede für den Landesvorsitz der NRW-CDU. Wichtigste Aufgabe sei es, diese Mitte zurückzugewinnen - auch bei der NRW-Landtagswahl im kommenden Mai.

Wüst (CDU) hat schon für kommende Woche das Startsignal für den Landtagswahlkampf gegeben. «Ich will durchstarten», sagte Wüst in Bielefeld. Kommende Woche werde die NRW-CDU die Kampagne «Du zählst» starten. «Wir werden sofort damit anfangen zuzuhören», sagte er in seiner Bewerbungsrede für den Landesvorsitz der NRW-CDU. Jeder Einzelne in NRW solle mit seinen Sorgen und Nöten gehört werden.

Laschet warnt

Der CDU-Bundesvorsitzende Laschet hat seine Partei davor gewarnt, nach der Niederlage der Union bei der Bundestagswahl Krisenszenarien herbeizureden. Von der «größten Krise der CDU seit 1945» zu reden, inspiriere «überhaupt keinen Wähler, wieder die CDU zu wählen», sagte Laschet beim Landesparteitag der NRW-CDU in Bielefeld. Solche Aussagen seien «völliger Unsinn». Vielmehr sei die CDU-Parteispendenaffäre im Jahr 2000 im Zweifel eine größere Krise für die Partei gewesen. «Tassen im Schrank lassen, realistisch an die Dinge herangehen», sagte Laschet.

Zuvor hatte Bundesgesundheitsminister und CDU-Bundesvize Jens Spahn im «Interview der Woche» des Deutschlandfunks gesagt, die CDU sei in der größten Krise ihrer Geschichte. Auch Spahn nahm als Delegierter am Parteitag der NRW-CDU teil. Die CDU hatte bei der Bundestagswahl Ende September eine historische Niederlage einstecken müssen.

Brinkhaus lobt Laschet

Unions-Bundestagsfraktionschef Ralph Brinkhaus hat die Regierung von Laschet in NRW als beispielhaft für die CDU im Bund gelobt. Laschet begreife die Politik als «Mannschaftssport», sagte Brinkhaus beim Landesparteitag.

Wenn die CDU im Bund wieder aufgerichtet werden solle, könne nur eine Botschaft von Bielefeld ausgehen: «Politik ist Mannschaftssport, es kommt auf alle an, es kommt auf die Vielen an», sagte Brinkhaus. Laschet habe bei seinem Amtsantritt als Landesparteichef 2012 die NRW-CDU nach deren schlechtestem Landtagswahlergebnis «wieder aufgerichtet» und schließlich 2017 in die Landesregierung hineingeführt, sagte Brinkhaus.

Ziemiak: «Zeichen des Aufbruchs»

CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hat den Wechsel an der Spitze der nordrhein-westfälischen CDU als «Zeichen des Aufbruchs» gewertet. «Hendrik Wüst steht für einen Generationenwechsel an der Spitze des bevölkerungsreichsten Bundeslandes: Er ist jetzt der richtige Mann, um die erfolgreiche Politik der vergangenen vier Jahre fortzusetzen», sagte Ziemiak der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Auch NRW-CDU im Abwärtsstrudel

Zumindest laut der jüngsten Wählerumfrage scheint das schlechte Abschneiden der Union bei der Bundestagswahl allerdings auch die CDU in NRW in den Abwärtsstrudel zu ziehen. Sieben Monate vor der Landtagswahl hatte das Meinungsforschungsinstitut Insa in der vergangenen Woche nur noch 20 Prozent Zustimmung für die CDU in NRW ermittelt - ein Absturz um 13 Prozentpunkten gegenüber ihrem Landtagswahlergebnis von 2017. Die SPD landete demgegenüber bei 33 Prozent.

Beim Deutschlandtag der JU hatte Wüst vor einer Woche das Ziel vorgegeben, die Wähler der Mitte zurückzugewinnen, die die Union bei der Bundestagswahl massenhaft verloren habe: Arbeiter, Facharbeiter, Selbstständige und Familien aller Altersgruppen. Beim Thema Klimawandel habe sich die Union in die Defensive drängen lassen, weil sie nicht den Eindruck vermittelt habe, sie hätte einen Plan. «Dann wählen die Menschen das Original.» Das dürfe nicht noch einmal passieren.

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