CDU siegt klar in NRW – AfD schafft Sprung auf Platz drei

Ministerpräsident Wüst
© Fabian Strauch/dpa

Entscheidung in NRW

Düsseldorf (dpa) - Die CDU bleibt bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen klar die stärkste Kraft. Zu den Gewinnern im bevölkerungsreichsten Bundesland gehört aber auch die AfD, die ihr Ergebnis fast verdreifachen konnte. Damit landete sie in der bundesweit beachteten Wahl auf dem dritten Platz hinter der SPD. Die Grünen mussten erhebliche Einbußen hinnehmen. 

Die Abstimmung in NRW galt als erster politischer Stimmungstest für die schwarz-rote Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) nach der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar. 

Das Erstarken der AfD im Westen löste bei den anderen Parteien Sorge aus. «Dieses Ergebnis muss uns zu denken geben, kann uns auch nicht ruhig schlafen lassen», sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). «Selbst meine Partei nicht, die diese Wahl so klar gewonnen hat.»

AfD jetzt drittstärkste Kraft in NRW-Kommunen

Laut einer Hochrechnung zu den Kommunalwahlen um 21.45 Uhr im WDR kommt die CDU landesweit auf 33,3 Prozent. Damit schnitten die Christdemokraten um einen Prozentpunkt schlechter ab als bei der Kommunalwahl 2020 (34,3 Prozent).

Auf Platz zwei folgt die SPD mit 22,1 Prozent und einem Minus von 2,2 Prozentpunkten im Vergleich zu 2020. Stark im Aufwind ist die AfD, die um 9,7 Punkte auf 14,8 Prozent zulegte und sich damit vor die Grünen auf Platz drei schob. Diese erlitten erhebliche Verluste von 6,7 Prozentpunkten und landeten bei 13,3 Prozent. Schon bei der Bundestagswahl im Februar hatte die AfD in NRW die Grünen überholt. 

Die FDP sank auf 3,6 Prozent und verlor 2 Prozentpunkte. Die Linke verbesserte sich um 1,8 Punkte auf 5,6 Prozent.

Die Wahlbeteiligung lag laut einer aktuellen Hochrechnung am Abend mit 56,5 Prozent höher als bei der Kommunalwahl 2020 (51,9 Prozent). 

Stichwahlen in vielen NRW-Großstädten

Gewählt wurden neben den Kommunalparlamenten auch Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte. Viele Großstädte wie Aachen, Bonn, Bochum, Bielefeld, Düsseldorf, Dortmund, Duisburg, Köln und Münster steuern auf Stichwahlen um die Oberbürgermeister-Posten am 28. September zu. 

In der größten NRW-Stadt Köln kommt es zu einer Stichwahl zwischen der Grünen-Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz und dem SPD-Mann Torsten Burmester. In der Landeshauptstadt Düsseldorf lag Amtsinhaber Stephan Keller (CDU) vorn, muss aber in die Stichwahl gegen Clara Gerlach (Grüne).

In Bonn muss sich die grüne Oberbürgermeisterin Katja Dörner einer Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Guido Déus stellen, der im ersten Wahlgang die Nase vorn hatte.  

In den Ruhrgebietsstädten Gelsenkirchen und Duisburg kamen AfD-Kandidaten in die Stichwahl, sie treten jeweils gegen SPD-Kandidaten an. In Hamm und Herne setzten sich die SPD-Amtsinhaber schon im ersten Wahlgang durch. In Bielefeld, Oberhausen, Bottrop und Mönchengladbach kommt es in zwei Wochen zu Stichwahlen zwischen SPD- und CDU-Kandidaten. Zwei CDU-Frauen konnten sich bei den Landratswahlen durchsetzen: Ina Laukötter gewann im Kreis Gütersloh und Bettina Warnecke im Kreis Mettmann.

AfD gibt sich selbstbewusst

AfD-Landeschef Martin Vincentz erklärte: «Die ersten Auszählungen zeigen es deutlich: NRW möchte weniger "Weiter so" und mehr AfD – viel mehr!» Die Kommunalwahl sei mehr als eine reine Abstimmung über Bürgermeister, Stadträte und Kreistage. «Sie war eine Volksabstimmung über die Richtung unseres Landes. Und wer den Wählerwillen ignoriert, wird von den Wählern abgestraft.» Die AfD habe einen immer deutlicheren Anteil von wirklichen Stammwählern.

Die Gelsenkirchener AfD-Landtagsabgeordnete Enxhi Seli-Zacharias sagte im WDR: «Wir haben unsere Wählerschaft zementiert. Es ist nicht mehr ein reines Frustwählen oder ein taktisches Wählen.» 

NRW-Regierungschef Wüst zeigte sich besorgt. Dass die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur vergangenen Kommunalwahl in etwa verdreifacht habe, stelle alle demokratischen Parteien vor Herausforderungen. Alle müssten sich nun fragen: «Was sind die richtigen Antworten in Sachen Armutsmigration? Sind alle Teile unserer Sozialsysteme wirklich gerecht? Was ist mit Problemimmobilien?»

SPD: Müssen aus Tief herauskommen

Enttäuscht reagierten die SPD-Vorsitzenden Bärbel Bas und Lars Klingbeil. «Es ist richtig, dass wir den Abwärtstrend nicht stoppen konnten», sagte die Duisburgerin Bas im WDR. Dennoch seien die Werte kein Desaster, wie es ihrer Partei zuvor prognostiziert wurde. «Wir müssen uns natürlich fragen, wie wir aus diesem Tief wieder rauskommen», sagte Bas. Das gute Ergebnis der AfD müsse allen demokratischen Parteien Sorge machen.

Der Co-Vorsitzende und Vizekanzler Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur, die wirtschaftliche Lage habe die Wähler am stärksten umgetrieben. «Wir werden nicht nachlassen, wenn es um Wirtschaftswachstum und sichere Arbeitsplätze geht. Das hat für uns Priorität.» 

Der SPD-Landesvorsitzende Achim Post sagte: «Die NRW SPD hat verstanden.» Ein «Weiter so» dürfe es jetzt mit der NRW-SPD nicht geben. Politik müsse so stattfinden, dass die Menschen sie verstünden: «Dass wir diskutieren, entscheiden und umsetzen, dass wir nicht uns verzetteln in irgendwelchen Nebendebatten».

Viel Bundesprominenz im Wahlkampf in NRW

Kanzler Merz, Vizekanzler Klingbeil, Bundesarbeitsministerin Bas sowie weitere Spitzenvertreter der Bundesparteien traten im Wahlkampf in NRW mehrfach auf, was die bundespolitische Bedeutung der Kommunalwahlen unterstrich. Für Merz und Bas sowie weitere Bundespolitiker wie Bundestagsfraktionschef Jens Spahn und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann ist NRW das Heimatbundesland. 

Der Ausgang der Kommunalwahlen mit dem Sieg der CDU gibt nach Einschätzung von Unions-Fraktionschef Jens Spahn der schwarz-roten Koalition im Bund Rückenwind. Das Ergebnis sei Ansporn für eine ruhige pragmatische Arbeit. Zugleich warnte Spahn: «Der Zuwachs der extremen Rechten muss uns allen ein Weckruf sein: Armutsmigration, Sozialmissbrauch und zu oft gescheiterte Integration dürfen nicht tabuisiert werden.»

Enttäuschung bei den Grünen

Auch die NRW-Grünen reagierten enttäuscht angesichts des Absturzes ihrer Partei. «Bei der vergangenen Kommunalwahl hatten Zukunftsthemen Rückenwind, derzeit haben sie oft Gegenwind», teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Yazgülü Zeybek und Tim Achtermeyer mit. 2020 hatten die Grünen mit 20 Prozent ihr bestes Ergebnis bei einer Kommunalwahl erzielt. Grünen-Bundeschef Felix Banaszak sieht das schwache Abschneiden bei den Kommunalwahlen als Folge einer grundsätzlichen politischen Verschiebung. «Ökologische, progressive Politik hat es gerade schwer», sagte er.

SPD weiter stärkste Kraft im Rat von Gelsenkirchen

Im Stadtrat von Gelsenkirchen konnte sich die SPD knapp vor der AfD erneut als stärkste Fraktion behaupten. Die langjährige SPD-Hochburg Gelsenkirchen stand bei der Kommunalwahl unter besonderer Beobachtung, nachdem die AfD dort bei der Bundestagswahl eine Mehrheit bei den Zweitstimmen erreicht hatte.

Fast 14 Millionen Wahlberechtigte

Rund 13,7 Millionen Bürger waren zu den Kommunalwahlen im bevölkerungsstärksten Bundesland aufgerufen. Seit 1999 hat die CDU bei Kommunalwahlen in NRW regelmäßig landesweit die meisten Stimmen geholt.

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Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen - Gelsenkirchen
Stark hinzugewinnen konnte die AfD, hier mit Norbert Emmerich und Enxhi Seli-Zacharias. © Henning Kaiser/dpa
Stark hinzugewinnen konnte die AfD, hier mit Norbert Emmerich und Enxhi Seli-Zacharias.
© Henning Kaiser/dpa
Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen
Rund 13,7 Millionen Stimmberechtigte waren in Nordrhein-Westfalen zur Kommunalwahl aufgerufen.© Christoph Reichwein/dpa
Rund 13,7 Millionen Stimmberechtigte waren in Nordrhein-Westfalen zur Kommunalwahl aufgerufen.
© Christoph Reichwein/dpa

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